Sri Lanka Retreat

Die fünf Säulen des Hatha Yoga

In unserem letzten Blogbeitrag konntet ihr bereits fast alles über den Yogastil Hatha lesen. Einen Aspekt dieser Yoga Art haben wir euch allerdings bisher vorenthalten. Denn dem geschichtlichen Hintergrund des Hatha Yoga zufolge baut dieses auf fünf Säulen auf.

Um genaueres über die Bedeutung dieser Säulen zu erfahren und tiefer in die Materie einzusteigen, haben wir unseren Yogalehrer Ralf Zimmermann interviewt, der sich nicht nur bestens mit Hatha Yoga auskennt, sondern auch seit vergangenem Jahr Retreats im Kloster Schweinheim für uns begleitet.
Ralf, zunächst einmal fragen wir uns, was genau sind denn diese fünf Säulen des Hatha-Yoga?

Die 5 Säulen umfassen die Körperhaltungen (Asana), Atemtechniken (Pranayama), Tiefenentspannung (Sharvasana), Meditation (Dhyana) & Ernährung.
Hierbei geht es nicht darum, diese Säulen “abzuarbeiten”. Denn diese einzelnen Elemente bedingen sich gegenseitig. So ist beispielsweise eine gesunde Ernährung für die Asanas von Vorteil oder ein flexibler Körper erleichtert das Sitzen in der Meditation.


Körperhaltungen bzw. Asanas, sind ja Teil der meisten Yogaarten. Gibt es beim Hatha Yoga richtige oder falsche Asanas? Gibt es überhaupt so was wie eine „richtige Bewegung“?

Eine “richtige Bewegung” gibt es in dem Sinne für mich nicht. Jeder Körper ist anders und eine Bewegung kann daher bei jedem etwas anders aussehen. Ich gehe eher den Weg, dass ich meinen Schüler*innen beschreibe, was eine Bewegung oder Haltung im Körper auslösen bzw. wo sie zu spüren sein sollte. Dann kann jeder für sich nach innen schauen und prüfen, ob sich dieses Gefühl einstellt. Meiner Meinung nach gibt es aber durchaus Bewegungen, die „ungesund“ sind, d. h. dem Bewegungsapparat mittel- oder langfristig schaden können. Hier geht es dann darum, eine Asana ggf. so zu modifizieren, dass sie für den jeweiligen Yogi ohne stechenden Schmerz über eine längere Zeit gehalten werden kann.


Ok, jetzt haben wir also schon gelernt, dass wir bei den Asanas nicht viel falsch machen können und auf unseren Körper hören sollten. Ist das bei der richtigen Atmung genauso? Und warum ist richtiges Atmen überhaupt so wichtig?

Der Atem ist aus meiner Sicht das einfachste und wirksamste „Werkzeug“, um in die Tiefe des Bewusstseins einzutauchen und dort Heilung zu erfahren.
Die Frage könnte man sicher episch lang beantworten, da der Atem wirklich DER Schlüsselfaktor bei nahezu allen Techniken des Yoga ist. In der Asana Praxis hilft er z. B. die Aufmerksamkeit zu erhöhen und tiefer in eine Position einzutauchen. Im Pranayama dienen verschiedene Atemtechniken dazu, Prana, also Energie dorthin zu lenken, wo wir sie haben wollen. Während der Meditation kann der Atem als sogenannter „Anker“ dienen, der uns im Augenblick hält.


Der Atem als Element zur Entspannung – eine schöne Vorstellung. Aber wie schafft man es, trotz konzentrierter Atmung so richtig zu entspannen? Aus eigener Erfahrung wissen wir, wie schwer das sein kann. Hast du hierfür Tipps?

Die Frage, die ich mir auf dem Weg zur Entspannung stellen würde, ist: Wo halte ich noch fest? Um zu entspannen, muss ich loslassen. Um loszulassen, muss ich spüren, wo ich festhalte. Dazu braucht es ein gutes Körpergefühl und ein „nach innen ziehen“ der Aufmerksamkeit. Yin Yoga eignet sich aus meiner Sicht gut, sich genau darin zu üben. Also zu spüren, wo ich noch festhalte und dann bewusst loszulassen. Aber auch Übungen aus dem Pranayama helfen, das vegetative Nervensystem in Richtung Parasympathikus zu lenken. Das ist der Teil des Nervensystems, der sich um die Körperfunktionen Ruhe und Regeneration kümmert.


Die Säulen Tiefenentspannung und Meditation sind also sehr eng miteinander verbunden. Das positive Denken geht ja ebenfalls mit der Meditation einher.
 Hast du auch hier ein paar Tipps, wie man sich ein positives Mindset aneignen kann?

Einfacher gesagt als getan, aber: Weniger negative Gedanken denken – bzw. ganz einfach achtsamer mit seinen Gedanken sein. Zum Beispiel kann man sich mal einen Tag lang bewusst beobachten und schauen, wie viele Themen oder Gedanken, die man so über den Tag hat, eher negativ und wie viele positiv sind. Wenn sich die Aufmerksamkeit stärker auf die negativen Dinge fokussiert, dann hilft es sich bewusst schöne Dinge ins Gedächtnis zu rufen. Eigentlich ist positives Denken keine Raketenwissenschaft. Es erfordert allerdings eine ehrliche Beobachtung, etwas Geduld und Übung.


Die letzte Säule des Hatha Yoga ist die Ernährung.

Das Thema Ernährung gleicht im 21. Jahrhundert ja eher einem Minenfeld und die vielen Diskussionen und klugen Ratgeber haben uns müde werden lassen. Schreibt dieser Yogastil denn etwas Bestimmtes vor? Und ist dann diese “Ernährung” essenziell für die Praxis des Hatha Yoga?

Nun ja, was ist schon essenziell? Wenn ich Yoga als ein System verstehe, dass mich erkennen lässt, wer ich wirklich bin, dann gibt es sicher eine Menge Wege bzw. Ausgestaltungen des Yoga, um dorthin zu kommen. Die Vorstellung, dass ich, wenn ich hin und wieder Schokolade esse oder Alkohol trinke, nicht an diesen Punkt komme, ist zunächst mal überhaupt nicht allgemeingültig. Im Gegenteil. Es ist allerdings durchaus so, dass für bestimmte Techniken im Yoga (z. B. im Rahmen von Pranayama) ein gesunder und entspannter Magen hilfreich ist. Hier ist es daher wirklich von Vorteil, sich „gut“, sprich ausgewogen und gesund zu ernähren, um eben diese Techniken mit dem gewünschten Effekt überhaupt ausführen zu können. Yoga ist keine Selbstgeißelung. Es ist ein Annehmen und Akzeptieren. Und dazu gehört auch das Annehmen, mal ernährungsmäßig liebe- und genussvoll mit sich selbst zu sein.

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